Kombinierter Immundefekt (CID) | Universitätsklinikum Freiburg (2024)

Die Behandlung der CID Erkrankung richtet sich nach der Form und Schwere der Erkrankung. Die Behandlungsprinzipien sind: Behandlung bereits vorliegender Infektionen, Vorbeugung und Verhindern von neuen Infektionen, Behandlung von Störungen der Immunregulation, Stärkung des Immunsystems durch Antikörperinfusionen und in vielen Fällen auch der Ersatz des Immunsystems durch Knochenmarks- transplantation.

Aufgrund der Störung des Immunsystems benötigt das Kind manchmal eine vorbeugende Gabe von bestimmten Medikamenten, um Infektionen abzuwehren. Eine vorbeugende Gabe von Antibiotika hilft, bakterielle Infektionen zu verhindern, antivirale Medikamente schützen gegen manche Viren und auch Medikamente gegen Pilze werden vorsorglich eingesetzt. Viele der Medikamente gibt es in Form von Säften, manchmal ist es aber auch nötig, dass ihr Kind die Medikamente über eine Infusion bzw. den zentralvenösen Katheter bekommt. Leider reichen diese Medikamente oft nicht aus, um Infektionen vollständig zu verhindern.

Impfungen sind bei Patienten mit kombiniertem Immundefekt in der Regel nicht sinnvoll. Die fehlende Antwort auf Totimpfstoffe wird diagnostisch eingesetzt. Lebendimpfungen (z.B. Masern, Windpocken, Rotavirus) sollten nicht verabreicht werden.

Immunglobuline

Kinder mit CID können aufgrund der fehlerhaften Abwehrzellen meist nicht genügend oder nicht die richtigen Antikörper (Immunglobuline) bilden, um gegen Infektionen ankämpfen zu können. Daher müssen diese Antikörper in Form einer Infusion ersetzt werden. Es ist möglich die Antikörper über die Vene (alle vier Wochen) oder auch subkutan in das Unterhaufettgewebe (einmal pro Woche) zu geben. Da die Antikörper nach einer gewissen Zeit im Körper abgebaut werden, müssen die Infusionen regelmäßig wiederholt werden. Die Handhabung der Pumpe kann für den Heimgebrauch erlernt werden. Mehr Informationen zur Antikörperersatztherapie gibt es in einem separaten Merkblatt.

Immunsuppressiva

Bei Kindern, die eine Störung der Immunregulation zeigen (z.B. Ekzeme, Durchfälle, Milzvergrößerung, Autoimmunität) müssen manchmal Medikamente eingesetzt werden, die fehlgesteuerte, überschießende Immunreaktionen unterdrücken. Zu dieser Gruppe von Medikamenten gehören die sogenannten Immunsuppressiva. Das am häufigsten eingesetzte Medikament ist Cortison, das eine sehr gute und rasch einsetzende anti-entzündliche Wirkung hat. Bei längerer Anwendung kommt es meist zu unerwünschten Nebenwirkungen, so dass zusätzliche Cortison-sparende Medikamente zur Anwendung kommen, bei denen in der Regel der Wirkungseintritt etwas länger dauert. Der Einsatz dieser Immunsuppressiva bei CID muss vorsichtig erfolgen und erfordert einige Erfahrung, um das richtige Maß an Immunsuppression zu erzielen ohne dabei die Infektanfälligkeit wesentlich zu erhöhen. Manchmal wer- den auch Medikamente eingesetzt, die fehlregulierte Immunzellen abtöten (z.B. Rituximab, ein Medikament, das Antikörper-bildende B-Zellen zerstört). Mit diesem Medikament wird erreicht, dass die Bildung von krankmachenden Autoantikörpern gestoppt wird.

Milzentfernung

Bei manchen Patienten mit CID kommt es zu schwerer Auto-Antikörper-vermittelter Zytopenie, d.h. zu einer Zerstörung von Blutzellen oder Blutplättchen durch Antikörper. Häufig gelingt es, diese Zerstörung durch Gabe von Antikörpern, Cortison oder Immunsuppressiva zu stoppen. In manchen Fällen, ins- besondere bei Patienten mit deutlich vergrößerter Milz, reicht dies aber nicht immer aus. In solchen Fällen kann die Entfernung der Milz notwendig sein. Da eine Milzentfernung ein Infektanfälligkeitsrisiko darstellt, muss nach dem Eingriff eine Dauerprophylaxe mit Antibiotika durchgeführt werden, die aber in aller Regel gut vertragen wird.

Bluttransfusion

Es kann sein, dass ihr Kind eine Transfusion von Blutprodukten braucht. Hierzu gehören rote Blutkörperchen oder auch Blutplättchen. Falls ihr Kind Blut braucht, werden diese Blutproben speziell behandelt (bestrahlt), um alle Immunzellen aus der Konserve zu entfernen und somit das Risiko von Reaktionen zu verringern. Ebenso werden nur Konserven gegeben, die ganz besonders auf Krankheitserreger getestet wurden, da sonst harmlose Viren ein Risiko für Kinder mit Immundefekten darstellen können.

Knochenmarkstransplantation

Die Knochenmarkstransplantation (KMT) ist eine wichtige Therapieoption für Kinder mit CID, die es bei erfolgreicher Durchführung erlaubt, die Erkrankung vollständig zu heilen. Das Ziel dieser Therapie ist es, das kranke Abwehrsystem (Immunsystem) durch das Immunsystems eines gesunden Spenders zu ersetzen. Gesundes Knochenmark ist reich an Stammzellen. Stammzellen sind Zellen, die keine oder nur eine geringe Differenzierung aufweisen und somit in ihrer spätere Funktion im Organismus noch nicht festgelegt sind. Dadurch haben Stammzellen die Fähigkeit, sich zu verschiedenen Zelltypen entwickeln zu können, unter anderem zu Zellen des Immunsystems.

Wird ein geeigneter Spender gefunden, ist es möglich, dem betroffenen Kind gesundes Knochenmark mittels einer Infusion zu übertragen. Die Knochenmarkstransplantation ist keine Transplantation, wie man sie von an- deren Organen her kennt, sondern die im Knochenmark enthaltenen Stammzellen können über das Blut ihren Weg in das Knochenmark finden und dann dort beginnen, gesunde Blutzellen zu bilden.

Eine KMT birgt aber auch Risiken und es kann zu Komplikationen kommen. Meist sind die Komplikationen gut behandelbar, manche können aber auch einen lebensbedrohlichen Verlauf nehmen. Bevor es zu einer Therapieentscheidung kommt, wird ein Team von Spezialisten (Immunologen, Hämatologen) die Vorgehensweise, Risiken und Nutzen genau mit Ihnen besprechen und es wird ihnen genug Zeit gegeben, Fragen zu stellen und Unsicherheiten zu klären.

Um die KMT durchführen zu können, ist es wichtig einen geeigneten Spender zu finden. Daher wird bei Eltern und Geschwistern, manchmal auch bei weiteren Familienangehörigen Blut abgenommen, um die Merkmale bestimmen zu können die bei einer Transplantation übereinstimmen müssen. Wird innerhalb der Familie ein zu dem betroffenen Kind passender Spender gefunden (meist ein gesundes Geschwisterkind), so kommt diese Person als Spender in Frage. Ist innerhalb der Familie kein geeigneter Spender zu finden, wird eine weltweite Suche nach einem geeigneten Spender über einen Register veranlasst. Hiermit besteht heute eine sehr gute Chance, für die meisten Patienten einen Spender zu finden.

Ist ein geeigneter Spender gefunden, so beginnt die Therapievorbereitung für die KMT. In der Regel ist es notwendig, vor der KMT eine Chemotherapie durchzuführen, um das kindliche Immunsystem „herunterzuregulieren“ und damit das Risiko einer Abstoßung der transplantierten Stammzellen zu verringern. Wird ein sehr gut passender Spender innerhalb der Familie gefunden, ist bei CID eine vorhergehende Chemotherapie nicht immer erforderlich. Auch über die Risiken und Nebenwirkungen der Chemotherapie wird das Team der Hämatologie ausführlich mit Ihnen sprechen.

Nicht für alle Patienten mit CID ist die Therapie geeignet. In jedem Fall muss eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Analyse erfolgen, in die der aktuelle Gesundheitsstatus, die spezielle Art der CID-Erkrankung und die bisher vorliegenden Erfahrungen, die Verfügbarkeit eines passenden Spenders und andere Faktoren eingehen. Letztlich wird gemeinsam mit der Familie eine Entscheidung getroffen, welches der richtige Weg ist.

Gentherapie

Eine neue Therapieform, die derzeit in Erprobung ist, ist die Gentherapie. Hier- bei werden bei dem erkrankten Kind Stammzellen entnommen, im Reagenzglas wird ihnen das defekte Gen in gesunder Form eingefügt und dann werden die Zellen dem Kind wieder zurückgegeben. Diese Behandlung hat den Vorteil, dass das Kind seine eigenen Zellen und nicht fremde Zellen bekommt. Damit sind die Risiken einer Abstoßung oder Unverträglichkeit deutlich geringer. Andererseits ist das Einschleusen eines neuen Gens in Stammzellen ein Vorgang, der eigene Risiken birgt. Der Eingriff kann dazu führen, dass die veränderten Zellen ihre Eigenschaften ändern und auch entarten (Krebs auslösen) können. Weltweit sind inzwischen über 50 Patienten mit der Gentherapie behandelt worden. Die meisten Behandlungen waren erfolgreich, so dass hiermit in der Zukunft eine echte Alternative zur KMT besteht, insbesondere, wenn kein passender Spender gefunden wird. Allerdings kam es in den frühen Studien bei einigen Patienten zur Entwicklung einer Leukämie. Es wird derzeit intensiv da- ran geforscht, sicherere Verfahren des Gentransfers zu entwickeln.

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